Alarmierender Anstieg der Zahl junger Erwachsener ohne Berufsabschluss: Wahl falscher Bildungswege lässt zu viele auf der Strecke!
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Nr. 08/2023
19. April 2023
Alarmierender Anstieg der Zahl junger Erwachsener ohne Berufsabschluss: Wahl falscher Bildungswege lässt zu viele auf der Strecke!
„Ein wesentlicher Grund für die hohe Zahl junger Menschen abgeschlossene Berufsausbildung ist die Wahl falscher Bildungswege und die einseitige Orientierung auf das Abitur als vermeintliches Nonplusultra unter den Schulabschlüssen“, äußert sich Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Deutschen Realschullehrerverbands (VDR) zu den besorgniserregenden Zahlen des neuen Berufsbildungsberichts des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Danach hat rund jeder sechste junge Erwachsene in Deutschland keinen Berufsabschluss.
Es gibt keine Königswege in der Bildung
Viele junge Menschen werden aufgrund falscher Vorstellungen zum Studium gedrängt, um einem gewissen gesellschaftlichen Status zu entsprechen. Dabei wird die Möglichkeit einer beruflichen Ausbildung, die zum Beispiel mit einem Realschulabschluss sofort möglich ist und eventuell viel mehr den eigenen Wünschen und Kompetenzen entspricht, vollkommen vernachlässigt“. Dem VDR-Vorsitzenden zufolge sei es ein großes Problem, dass viele junge Menschen und auch deren Eltern nicht ausreichend über die Chancen und Vorteile einer dualen Ausbildung informiert sind und stattdessen nur starr auf das Abitur fixiert seien. Dadurch gingen viele wertvolle Talente verloren, die in einer Realschule mit anschließender beruflicher Ausbildung besser aufgehoben wären und ihr volles Potenzial entfalten könnten.
„Wer über Jahrzehnte die qualifizierten Abschlüsse unsere Schulen vernachlässigt, die Schularten zu einem Einheitsbrei verschmelzen lässt, steht über Kurz oder Lang vor einem Scherbenhaufen der Gleichmacherei!“, erklärt Böhm. Man habe systematisch die Qualität der einzelnen Abschlüsse, besonders auch der Hauptschule aberkannt und als überflüssig hingestellt. Wohin diese leistungsfreie Entwicklung geführt hat, sehe man mehr als deutlich.
Berufliche Ausbildung gesellschaftlich unterbewertet
„Auch mit der geringen gesellschaftlichen Anerkennung der beruflichen Ausbildung muss endlich Schluss sein!“ Diese werde oft als zweitklassig angesehen, obwohl sie eine ausgezeichnete Möglichkeit bietet, einen qualifizierten Beruf zu erlernen und erfolgreich in das Berufsleben mit hervorragenden Karriere- und Verdienstmöglichkeiten zu starten. „Die Berufsausbildung darf keine zweite Wahl sein!“, so Böhm.
Falsche Beschäftigungspolitik
„Viele Unternehmen haben bis vor Kurzem zu sehr auf die Auswahl von Akademikern gesetzt und die Bedeutung von qualifizierten Fachkräften mit einer beruflichen Ausbildung vernachlässigt. Das rächt sich jetzt!“, kritisiert Böhm die mitunter verheerende Beschäftigungspolitik. Hier gelte es, die Gleichwertigkeit der akademischen und beruflichen Bildung weiter in den Fokus zu rücken und einen gesellschaftlichen Wandel einzuleiten, fügt der VDR-Chef hinzu.
„Die erschreckend hohe Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss hat weitreichende Konsequenzen. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, einen adäquaten Job zu finden und tappen in die Armutsfalle. Gleichzeitig leidet auch die Wirtschaft unter dem zunehmenden Fachkräftemangel. Eine Berufsausbildung, die unter anderem durch einen Realschulabschluss geebnet wird, bietet hervorragende Perspektiven und muss dringend gestärkt werden. Nur so können wir sicherstellen, dass alle jungen Menschen die bestmöglichen Bildungs- und Karrieremöglichkeiten erhalten, die sie brauchen“, so Böhm abschließend.