Unverantwortlich - Länderchefs verhindern strukturelle Anti-Corona-Maßnahmen an Schulen
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Nr. 32/2020
16. November 2020
„Dass Kanzlerin Merkel mit ihrem Vorschlag, strengere Maßnahmen gegen das Corona-Virus an den Schulen umzusetzen, gescheitert ist, ist unerklärlich und nicht mehr nachvollziehbar“, kritisiert Jürgen Böhm, Vorsitzender des Deutschen Realschullehrerverbands (VDR) die Gipfelgespräche der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten am Montag.
„Das Robert-Koch-Institut hat deutlich betont, dass Kinder und Jugendliche das Virus im gleichen Maße verbreiten und daran erkranken wie Erwachsene. Allein in der ersten Novemberwoche haben sich mehr als 10.400 Kinder unter 14 Jahren mit dem Corona-Virus angesteckt. An den Schulen gelten bundesweit aber keine vorgeschriebenen Mindestabstände oder eine generelle Maskenpflicht!“, so Böhm. Merkel hatte in einem ersten Beschlussvorschlag gefordert, dass auf dem Schulgelände für die Schüler aller Jahrgänge und für die Lehrkräfte eine Maskenpflicht gelten und die Schüler in halben Klassenstärken unterrichtet werden sollten, damit Mindestabstände in den Schulen eingehalten werden könnten.
„Mit dieser einheitlichen und durchdachten Regelung hätten die Schulen und Lehrkräfte angemessen und sicher handeln können. Die weiterführenden Schulen sind im Großen und Ganzen gut auf den sogenannten Hybridunterricht, also in geteilten kleineren Gruppen im Wechsel, vorbereitet. In der jetzigen Situation, in der sich die Infektionszahlen zwar insgesamt stabilisieren, aber nicht wesentlich verringern, wäre das genau das richtige Signal“, betont Böhm. Man müsste jetzt endlich an den Schulen reagieren, wo die Kinder und Jugendlichen auf engstem Raum zusammen sind und kaum eine Möglichkeit haben, den geforderten Abstand zu halten.
Weiter erklärt der Verbandschef: „Die Lehrkräfte wollen Präsenzunterricht. Aber nicht um jeden Preis und nicht zu diesem Risiko! Besonders die älteren Schüler sind durchaus in der Lage, im wöchentlichen oder besser im täglichen Wechsel Unterricht zu erhalten und auch von zu Hause aus zu lernen und zu arbeiten. Wenn Unterricht in Präsenz stattfinden soll, muss sich dieser an den allgemeingeltenden Sicherheitsvorgaben und Hygienebestimmungen in der Gesellschaft orientieren.“
Die Devise, die Schulen so lange wie möglich und auf "Biegen und Brechen" offen zu lassen, sei mittlerweile nicht mehr tragbar. Der Dienstherr trage schließlich eine Fürsorgepflicht sowohl für die Schüler als auch für seine Lehrkräfte.
"Mit der heutigen Nicht-Entscheidung zeigen einige Länderregierungen leider wenig Verantwortung und spielen leichtfertig mit einer Ausbreitung des Infektionsgeschehens.", so Böhm abschließend.